Alexander Ultes

In der neuen Welt wird generell „Wein gepanscht“

Aus der Reihe Ungesunde Vorurteile und falsches Halbwissen über die neue Welt gibt es heute das Thema der Weinpanscherei: In der neuen Welt wird generell „Wein gepanscht“

Weinpanscherei in der neuen Welt hat Tradition?

Das Weinpanschen in der neuen Welt hat ebenso Tradition, wie wir in Europa ein Reinheitsgebot für Wein haben.

Chianti, Valpolicella, Rioja, Bordeaux, Champagner: Viele der bekanntesten Weine Europas sind traditionelle Cuvées. Historisch betrachtet war es überwiegend eher ungewöhnlich und untypisch, Wein rein nach Rebsorten getrennt (an- und) auszubauen. Bis heute findet man einen Großteil der Rebsortenreinen Weine bevorzugt im deutschsprachigen Raum. Deutschland, Elsass und Luxemburg, Österreich und die Schweiz waren schon immer mehr auf die Rebsorte fokussiert, wie die Kollegen in Italien, Frankreich oder Spanien.

In der neuen Welt wiederum findet man sie sehr stark verbreitet, die Monorebsortenweine.

Wirklich Rebsortenrein, also zu 100% aus der angegeben Rebsorte produziert, sind diese Weine jedoch nur in ebenso wenigen Ausnahmefällen, wie es die meisten europäischen und auch deutschen Rebsortenweine sind. Mit Weinpanscherei hat das nichts zu tun, die gesetzlichen Vorgaben sind alle eingehalten, je nach Land ist ein Mindestanteil von 75 bis 80 Prozent der angegeben Rebsorte vorgeschrieben.

Auch in einem deutschen Riesling können zu 15% andere Rebsorten verwendet werden, ein Beispiel dafür könnte sein:

  • 85 % Riesling (für den Namen)
  • 10 % Müller-Thurgau (für den Preis)
  • 3 % Chardonnay (für die Struktur)
  • 2 % Sauvignon Blanc (für das Aroma)

Und immer noch wäre der oben aufgeführte Wein ein Riesling und hat rein gar nichts mit Weinpanscherei zu tun, ebenso wenig wie der Napa Valley Cabernet Sauvignon (86% Cabernet Sauvignon, 10% Merlot, 2% Petit Verdot, 1% Cabernet Franc, 0.5% Malbec, 0.5% Syrah [Beispiel des Cabernet Sauvignon der Robert Mondavi Winery aus Oakville, Jahrgang 2014]).

Bei dem gekonnten Verschnitt wird durch die Zugabe weiterer Rebsorten die Stilistik des Weins mehr oder minder stark beeinflusst, der Winzer / Kellermeister / Önologe / Weinmacher tut dies mit dem Ziel, das Endprodukt zu verbessern.

Gelegentlich wird auch über das Ziel hinaus geschossen und ein Endergebnis erzielt, das von dem eigentlichen Weinstil zu stark abweicht. Ein Beispiel hierfür ist das zufügen von aromatischen Rebsorten wie z.B. Sauvignon Blanc zu dem sonst eher neutral gehaltenen Lugana aus Norditalien. Hierdurch ist bei vielen der trendigen Lugana-Weine auf dem Markt eine Stilistik zu finden, die recht wenig mit dem zu tun hat, was der Wein eigentlich darstellt. Und dennoch ist es immer noch keine Weinpanscherei, es ist per Gesetz erlaubt (im Sinne von ’nicht verboten‘).

Kein Skandal, kein Betrug, kein Verbrechen.

Ein Beitrag aus der Reihe Ungesunde Vorurteile und falsches Halbwissen über die neue Welt.

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