Größe eines Weinguts II – relativ

Mario Scheuermann schob seinem ersten Artikel einen zweiten nach (Die 50 grössten deutschen Weingüter). Die anhand diverser eigener Recherchen und Datenbankabfragen erstellte Liste betrachtet er dann auch im Text.

Über die Bedeutung des Faktors Rebfläche bei der Bewertung von Weingütern zerbreche ich mir ja schon lange den Kopf (siehe auch meinen letzten Artikel).

An einer Passage im Artikel Scheuermanns bin ich dann ein wenig hängen geblieben, bin ich als gebürtiger Pfälzer und Jungbadener doch gleich doppelt davon tangiert:

Denn zumindest in der Pfalz zeichnet sich ein Trend in diese Richtung ab. Drei der zehn grössten deutschen Weingüter mit mehr als 100 Hektar Rebfläche befindet sich dort. Schaut man sich die 50 grössten deutschen Betriebe an enthält diese Liste ein gutes Drittel Betriebe aus der Pfalz, nämlich 18. Diese bewirtschaften derzeit 1.195 Hektar, das entspricht etwas mehr als vier Prozent der pfälzischen Rebfläche.

Diese Aussage sollte man in meinen Augen relativieren. Betrachtet man Scheuermanns Liste in Relation mit der jeweils vorhandenen Rebfläche ergibt sich direkt ein ganz anderes Bild:

  • Ahr (558 Hektar) – 0 / 0 / 0%
  • Baden (15.906 Hektar) – 8 / 576,4 ha / 3,62 %
  • Franken (6.063 Hektar) – 5 / 551 ha /9,09 %
  • Hessische Bergstraße (439 Hektar) – 0 / 0 / 0%
  • Mittelrhein (461 Hektar) – 0 / 0/ 0%
  • Mosel (9.034 Hektar) – 3 / 272,5 ha / 3,02 %
  • Nahe (4.155 Hektar) – 1 / 40 ha / 0,96 %
  • Pfalz (23.461 Hektar) – 18 / 1201,5 ha / 5,12 %
  • Rheingau (3.125 Hektar) – 8 / 581,8 ha/ 18,62 %
  • Rheinhessen (26.444 Hektar) – 2 / 110 ha / 0,42 %
  • Saale-Unstrut (685 Hektar) – 2 / 95 ha / 13,87 %
  • Sachsen (462 Hektar) – 2 / 161 ha / 34,85 %
  • Württemberg (11.511 Hektar) – 3 / 128,8 ha / 1,12 %

In jeder Zeile steht Anbaugebiet (Rebfläche) – Anzahl Großbetriebe (lt. Scheuermann) / (Rebfläche absolut) / % der Rebfläche.

Betrachtet man nun die fünf Anbaugebiete mit der, relativ zur gesamten Rebfläche, größten Fläche von Großbetrieben, so erhält man folgende Auflistung:

  1. Sachsen: 34,85 % von 462 Hektar
  2. Rheingau: 18,62 % von 3.125 Hektar
  3. Saale-Unstrut: 13,87 % von 685 Hektar
  4. Franken: 9,09 % von 6.063 Hektar
  5. Pfalz: 5,12 % von 23.461 Hektar

Klar ist das Streben nach vorne derzeit nirgends so stark ausgeprägt wie in der Pfalz, doch spielt die Pfalz nicht eher in einer Liga mit Baden und der Mosel? Zum viertplatzierten Fanken macht es immerhin direkt 4 Prozentpunkte Differenz!

Die für mich viel entscheidendere Frage ist ohnehin die nach der gebotenen Professionalität und Qualität, nicht nur die blanke Größe nach Hektar

Bei Sachsen und Saale-Unstrut reden wir ja über zwei kleine Anbaugebiete, in beiden sind es jeweils zwei Großbetriebe die die Statistik ausmachen. Ich persönlich war vor allem überrascht von den Verhältnissen in Franken und im Rheingau! Was mich ebenso überrascht ist das bescheidene Abschneiden Rheinhessens mit gerade mal zwei Betrieben in dieser Größenordnung. Doch sind es bei genauerem Überlegen dort vielmehr Traubenerzeuger und Großkellereien die, so weit ich weiß, den Markt der Massenweine beherrschen.

4 Comments

  1. Also ich kenne allein in Rheinhessen alleine zwei Weingüter/Traubenerzeuger, die zusammen schon etwa 180ha haben.

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  2. In Rheinhessen habe ich eine ganze sehr grosser betriebe gefunden, die allein nach der Hektarzahl in die Liste gepasst hätten, aber das waren alles Traubenbauern oder Fassweinvermarkter, zumindest überwiegend. Da entwickelt sich derzeit Rheinhessen völlig anders als die Pfalz.

    Natürlich kann man diese Liste auch auf diese Weise regional analysieren. Aber es bleiben drei Fakten festzuhalten: 1) die drei grössten Familienbetriebe sind in der Pfalz, 2) die Dynamik ist derzeit nirgends so gross wie in der Pfalz und 3) nirgends ist das Flächenpotential für diese Entwicklung so gross gross wie in der Pfalz. Nur in der Pfalz und in Rheinhessen sind derzeit private Betriebe von mehreren Hundert Hektar denkbar. Und nur das wären echte Grossbetriebe. Dies kann sich natürlich nach dem Wegfall der Pflanzrechtsdiktatur schnell ändern.

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  3. @Mario Scheuermann: so weit so gut. Im Punkt Rheinhessen (Traubenbauern oder Fassweinvermarkter) sind wir uns dann also alle einig. Aber warum soll die Änderung in Punkt 3 vor allem in der Pfalz, gefolgt von Rheinhessen denkbar sein. Warum nicht auch in der badischen Rheinebene. Da könnte man durchgehend von Heidelberg bis nach Lörrach bepflanzen und in absoluter Ebene rational (…). Zum Glück fehlen hier bislang die Ansätze dafür.

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