Neuzüchtung

Eine Neuzüchtung ist eine Rebsorte, die mittels gezielter Kreuzung zweier Rebsorten entstanden ist. Weltweit wurden in den zurückliegenden 100 Jahren deutlich über 150 neue Rebsorten gekreuzt und angemeldet, nur wenige davon schaffen dann allerdings auch die Hürde in den Anbau. Die erfolgreichste Neuzüchtung in Deutschland ist wohl der Müller-Thurgau, er entwickelte sich rasch zu einer der meistangebauten Rebsorten im Land.

Neuzüchtung von Rebsorten

Unter Neuzüchtung versteht man die gezielte und bewußte Kombination zweier Rebsorten mittels Kreuzung, mit dem Ziel eine neue Rebsorte zu gewinnen. In der Regel versucht man mittels der Kreuzungsversuche die positiven Eigenschaften der beiden Elternsorten zu erhalten und neue positive Eigenschaften hinzuzugewinnen bzw. schlechte Eigenschaften zu verringern oder gar zu unterdrücken. Bei der Neuzüchtung von Rebsorten, egal ob für den Anbau von Tafeltrauben oder zur Weinproduktion, wird oft gezielt versucht ein bestimmtes Ziel zu erreichen. So kann ein Ziel sein, krankheits- und schädlingsresistente Rebsorten (z.B. sogenannte PiWis, pilzwiderstandsfähige Rebsorten) oder besonders ertragreiche Rebsorten zu züchten. Bei der Züchtung neuer Rebsorten unterscheidet man grundlegend zwischen Intraspezifische Züchtung (Europäerrebe X Europäerrebe) und Interspezifische Züchtung (Europäerrebe × Amerikanerrebe). Die Neuzüchtung steht im Gegensatz zu einer natürlichen Kreuzung.

Ablauf einer Kreuzungszüchtung bei Weinreben

Die Neuzüchtung von Rebsorten ist mit einem enorm hohen Zeitaufwand verbunden und dadurch auch äußerst Konstenintensiv:

  • Kastration: 1 Woche vor der Blüte erfolgt zur Vermeidung der ungewollten Selbstbefruchtung die Kastration, hierbei werden die Blütenkäppchen zusammen mit den Staubbeuteln per Pinzette manuell abgezupft. Die Blütenstande werden in Tüten gehüllt um sie vor ungewollter Fremdbefruchtung zu bewahren.
  • Bestäubung: Der Pollen der Vaterpflanze wird in einem Papierbeutel gesammelt und dieser zur Bestäubung über die kastrierten Blüten gestülpt.
  • Samenbildung: Während dem Traubenwachstum über Sommer bilden sich die Kerne und Samen in den Beeren aus.
  • Samenisolierung: Im Herbst werden die Trauben geerntet, die Beeren zerquetscht und die Traubenkerne manuell herausgelesen, gewaschen und getrocknet.
  • Aussaat: Die Samen werden in Torfquelltöpfe gesteckt.
  • Stratifikation: Durch kühle Lagerung bei  (+2 °C bis + 6 °C) der Samen im Winter über 10 Wochen wird die Keimhemmung aufgehoben.
  • Keimung: Die Keimung der Rebsamen nach der Kühllagerung erfolgt im Frühjahr bei 25 °C mit großen Unterschieden in der Erfolgsquote bzw. Keimrate.
  • Frühbeet: Die Keimlinge kommen wenn sie im 3 bis 5 Blätter haben in einen beheizbaren Frühbeetkasten.
  • Auspflanzen: Im Sommer (Juni oder Juli) werden die Pflanzen wurzelecht ins Freiland verpflanzt.
  • Ertragsbildung: Nach 3 Jahren (manchmal auch nur 2 Jahre) tragen die jungen Neuzüchtungen ihren ersten Ertrag.
  • Sämlingsprüfung: Bereits ab ihrem ersten Herbst werden die Stöcke auf interessante Eigenschaften hin überprüft. Trauben von diesen Stöcken werden dann markiert und später separat für sich gelesen und als Wein ausgebaut. Im Winter werden die Rebstöcke zurückgeschnitten, das Rebholz wird eingelagert und aufbewahrt. Im darauffolgenden Sommer werden die als interessant eingestuften Stöcke dann vermehrt (aus einem Stock je 10 Stöcke)
  • Vorprüfung: Die 10 Stöcke werden genau untersucht und geprüft auf ihre Eigenschaften.
  • Zwischenprüfung: Die besten Zuchtstämme aus der Vorprüfung (auf 50 Stock vermehrt), werden nun wiederholt unter unterschiedlichen Gegebenheiten geprüft und bewertet, es werden verschieden Szenarien erprobt und unterschiedliche Unterlagsrebe ausgetestet.
  • Versuchsanbau: Die für interessant empfundene neue Rebsorte wird an interessierte Winzer mit Sondergenehmigung für den Versuchsanbau unter genau vorgeschriebenen Bedingungen ausgegeben.

Wie man sieht, ist jede Neuzüchtung zuerst einmal ein Schuss ins Blaue mit ungewissem Ausgang. Ob man einen Glückstreffer erzielen konnte oder nicht, erfährt man erst Jahre später!

In der Schriftform wird jede Kreuzung zweier Rebsorten, unabhängig davon ob es eine Neuzüchtung oder eine natürliche Kreuzung ist, angegeben als:

Sorte (Mutter)  ×  Sorte (Vater)  =  Neuzüchtung

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